chaos, unorganisertheit, kein system, kann nichts

  • Liebe Leute,
    ich bin so verzweifelt, das könnt ihr Euch gar nicht vorstellen. ...
    Mir war schon immer klar, dass ich irgendwie eine Chaotin bin, sprich Schussel auf der ganzen Linie. Lasse alles liegen, suche ständig was, verfalle dann in Panik,... aber bisher gings noch irgendwie. Habe im Büro gearbeitet, auch da hatte ich nicht so richtig System, war immer neidisch auf meine Kollegen, die alles augenscheinlich geordnet hatten und wußten, wo sie was suchen sollten. Ich hatte immer irgendwelche Haufen rumliegen und wußte nie, wie ich was abheften sollte. Das war richtig schlimm und hat mir meinen Arbeitsalltag sehr erschwert. Wurde dann auch gerne als Schusseline belächelt, aber wie nervig das ist, könnt ihr Euch nicht vorstellen. Ich verzweifele aber regelrecht an meiner Unfähigkeit, Dinge systematisch anzugehen, aufzuräumen usw. Mit Sicherheit ist da auch ein erhabliches Stück Faulheit dabei. Jetzt bin ich auch noch schwanger und den ganzen Tag zu Hause, sprich;: ich habe keine Möglichkeit mehr, meine Unordnung auf meine Tagesauslastung zu schieben, denn ich habe ja den ganzen Tag Zeit, die Bude in Ordnung zu halten. Ich weiß aber weder richtig, wie man kocht, ohne im Chaos zu versinken, habe ein großes Entscheidungsproblem, sprich kann mich erst gar nicht entscheiden, was ich machen soll. Habe dazu auch überhaupt keinen Bock dazu. Ich weiß nicht, mit welchen Lappen man putzt, wie man das systematisch angehen soll. Kenne mich auch nicht mit kochen, putzen, dekorieren, gärtnern, (waschen und bügeln geht noch so gerade- aber auch schon schwierig) aus. Das ist mir so peinlich, denn ich bin schon gerade über 30, und konnte das bisher immer erfolgreich vertuschen. Liebe Leute, ich habe schon alles kurz und klein gelesen- von simplify your life, susi sauber, flylady usw. aber wenn ich das versuchen will umzusetzen, kriege ich nur nen Heulkrampf, weil ich so eine unfähige Tussi bin. Einen Tagesplan kriege ich entweder erst gar nicht erstellt, geschweige abgearbeitet. Ich schäme mich so vor z.B. meinen Schwiegereltern. Jetzt müsste ich eigentlich mittags kochen, dann kommt mein Mann nach Hause, hat er sonst immer gemacht. Aber ich kriege selbst das nicht auf die Reihe. Wenn ich Euch jetzt noch sage, dass ich immer wieder unter Depressionen leide, haltet ihr mich bestimmt für völlig verrückt. Ich habe jetzt einfach nur Mega Angst, dass ich mit dem Baby untergehe. Was soll ich nur tun? Bitte keine Beschimpfungen, wenns geht.

  • Warum beschimpfen, dafür gibt es doch gar keinen Grund!

    Ich kenne die Bücher nicht, die Du bereits gelesen hast, aber es klingt mir nach den klassischen Ratgebern. Ich hätte Dir entsprechende Kurse empfohlen, gibt es relativ kostengünstig bei der VHS.

    Dein grundlegendes Problem ist aber denke ich ein anderes: Du versuchst alles auf einmal zu ändern, traust Dir selber nichts zu, steckst Dir Deine Ziele zu hoch und scheiterst dann natürlich, was Dich noch mehr demotiviert und noch mehr in der Überzeugung bestärkt, dass Du nichts kannst usw. Deswegen brauchst Du DRINGEND kleine, überschaubare und bewältigbare Ziele, damit Du Erfolge verzeichnen kannst, die Dich motivieren, das nächste Ziel anzugehen.

    Eine einfache Möglichkeit, wie ich meine zig Aufgaben im Haus unter Kontrolle bringe: Arbeitslisten schreiben! In Deinem Fall würde ich sagen, sehr detailliert und mit sehr kleinen Schritten. Also: NICHT "putzen" sondern "den Kühlschrank auswischen", "die Arbeitsplatte in der Küche schrubben", "den Teppich im Wohnzimmer saugen" usw. Dann nimm Dir immer nur einen Punkt nach dem anderen vor und vergiß den Rest vorübergehend. Wenn Du diesen einen Punkt erledigt hast, streichst Du ihn von der Liste und nimmst Dir den nächsten vor.

    Diese Listen werden sehr lang, das ist richtig. Aber so gewinnst Du Übersicht und vor allem siehst Du auch schwarz auf weiß, was Du alles geschafft hast, wenn Du einen Punkt nach dem anderen abarbeitest. Das gibt Dir die dringend notwendige Einsicht "hey, ich kann ja doch was, ich habe ja was geschafft!"

    Du wirst Deine Unorganisiertheit so bestimmt nicht von heute auf morgen in den Griff bekommen und vermutlich ist es Dir nicht gegeben, Ordnungsperfektionist zu werden, aber Du kannst Deinen Alltag damit bewältigen. Was Du allerdings definitiv brauchst ist eine gewisse Selbstdisziplin und Fleiß. Du musst Dich da wirklich bemühen, es zu ändern und dazuzulernen. Nur jammern und die Hände ringen bringt Dich da nicht weiter. Am Anfang ist das schwer, keine Frage, aber wenn Du die ersten Erfolge siehst wird es leichter, versprochen. Ich spreche da aus eigener Erfahrung. ;)

    Ich weiß nicht, wer oder was ich bin. Ich weiß nur, dass ich tue, was ich tun muß, nicht mehr und nicht weniger.

    Zitat aus "Gildenhaus Thendara", Dritter Teil, Ende 3. Kapitel

  • Hi Carolyn,
    danke für Deine Antwort, sehr nett von Dir.
    Aber wie erstelle ich Arbeitslisten, wenn ich nicht mal den Plan habe, was ich dadrauf schreiben soll? Ich bräuchte konkrete Vorgaben irgendwie. Jemanden, der mir sagt, was ich alles machen soll für den Anfang. Ich sehe nur immer das Riesen paket und die kleinen Sachen nehme ich gar nicht richtig war. Hinzu kommt, dass ich momentan gar keine Lebensgeister mehr in mir wahrnehme, bin zwar in psychologischer Behandlung, aber .. naja, ist ne andere Baustelle. Gibt es irgendwelche Menschen, die man "buchen" kann und anhand Haushalt vor Ort schulen?

  • Ja, solche Menschen gibt es, aber wie man an die drankommt bzw. was das kostet, da habe ich keine Ahnung. Es gab in der Richtung ja auch schon die ein oder andere Fernsehsendung, so wie die Supernanny für die Kindererziehung. Hab da etwas im Hinterkopf, wo zwei Hauswirtschafterinnen in chaotischen Wohnungen zusammen mit den Eigentümern Ordnung geschaffen haben. Ich fand das aber nicht besonders glücklich, da diese beiden Damen ziemlich hochnäsig waren und sich über die Zustände zuerst mal mockiert haben, statt in erster Linie rüberzubringen: "Da muss man helfen."

    *überleg* In vielen Orten gibt es Haushaltshilfen-Organisationen, gedacht für ältere oder kranke Menschen. Vielleicht kannst Du Dir da mal sowas wie eine Lehrerin buchen. Oder Du traust Dich und fragst Deine Schwiegermutter um Rat, wenn euer Verhältnis entsprechend gut sein sollte und sie der richtige Typ dafür. Oder hast Du sonst eine mütterliche Verwandte, die Du fragen magst und die ihren Haushalt einigermaßen im Griff hat? Am besten keine die perfekt ist sondern einfach nur "normal". Eine Patentante vielleicht? Oder auch eine gute Freundin, die das nicht mit einigen pauschalen Sätzen abtut? Denn eine einmalige Aktion wird da nicht reichen, da muss sich jemand schon ein paar Mal Zeit nehmen, um mit Dir zu arbeiten.

    Ich bin froh, das Du in psychologischer Behandlung bist, denn Deine Depris sind keineswegs eine andere Baustelle! Auch da spreche ich aus eigener Erfahrung. Depressionen lähmen, sie nehmen Dir die Kraft, irgendetwas anzugehen, sie lassen Berge noch höher und Probleme noch größer erscheinen, sie rauben Dir jede Tatkraft. Deswegen, wenn Du die Depris in den Griff kriegst, wirst Du auch mit Deinem Alltag leichter fertig werden. Versprochen!

    Ich weiß nicht, wer oder was ich bin. Ich weiß nur, dass ich tue, was ich tun muß, nicht mehr und nicht weniger.

    Zitat aus "Gildenhaus Thendara", Dritter Teil, Ende 3. Kapitel

  • Danke. Du scheinst ne gute Therapeutin zu sein. Ich kriege schon meistens den ersten Schritt nicht hin, weil ich nicht weiß, wofür ich das alles machen soll. Habe auch oft Gedanken, wofür man in die Geschlossene müßte. Aber darum ging es ja gar nicht. Ich weiß einfach nicht so recht weiter in meinem Leben....

  • *schmunzel* Nicht von Beruf, ich bin einfach so. ;)

    Ich glaube, das wichtigste ist bei Dir jetzt wirklich erst mal, dass Du die Depris in den Griff kriegst, dann kommt alles andere (fast) von selber. Dann weißt Du auch, warum Du das tust und siehst wieder ein bisschen weiter in Deinem Leben.
    Eine Bekannte von mir hat sich nach mehreren Wochen ambulanter Behandlung übrigens selbst in die Geschlossene eingeliefert, um ihre Probleme in den Griff zu kriegen. Jetzt geht es ihr schon wieder ganz gut und es wird weiter besser. Sie hat es nicht bereut. Sieh diesen Schritt also ggf. nicht als absoluten Endpunkt an, sondern auch als Chance :!:

    Ich weiß nicht, wer oder was ich bin. Ich weiß nur, dass ich tue, was ich tun muß, nicht mehr und nicht weniger.

    Zitat aus "Gildenhaus Thendara", Dritter Teil, Ende 3. Kapitel

  • Hallo. Ich sah kürzlich im Fernsehen einen Bericht über eine Frau, der es ähnlich ging wie Dir. Bei ihr war es tatsächlich ADS (kannte ich bisher nur bei Kindern). Die Frau war unheimlich erleichtert nach der Diagnose und entsprechender Therapie ihr Leben in den Griff bekommen zu haben. Ohne Deinem Doc vorgreifen zu wollen, wäre das eventuell eine Idee?